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Hunde wirken sich nachweislich positiv auf die Gefühlswelt von Menschen aus – sie sind unvoreingenommene, bedingungslose und wertungsfreie Wegbegleiter.

Seit kurzem bringt Paul, ein zweieinhalbjähriger Golden Retriever-Rüde, Abwechslung in den Alltag des Helios Klinikums Hildesheim: Zusammen mit Simone Siemke, Pauls Besitzerin und Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin, ist der Vierbeiner in der tiergestützten medizinischen Behandlung im Einsatz. Zwei- bis dreimal wöchentlich besucht das Zweier-Team die Patientinnen und Patienten in der Geriatrie, in der Kinderpsychosomatik oder auf der Palliativstation des Helios Klinikums, um deren medizinische Behandlung zu unterstützen.

(Veröffentlicht: Januar 2019)

„Auf der Kinderstation können die kleinen Patienten dem Vierbeiner etwa Kommandos geben, ihm Tricks beibringen oder ihn belohnen. Einige der Kinder besitzen ein geringeres Selbstbewusstsein – im Umgang mit dem Hund vergessen sie jedoch alles um sich herum und gehen aus sich heraus“, so Besitzerin Simone Siemke. Auch kognitive und motorische Übungen für ältere oder demente Menschen hat Paul in seiner Ausbildung erlernt und bereits erfolgreich an Patienten in der Geriatrie angewendet.

Therapiehunde werden nach strengen Kriterien ausgewählt und ausgebildet.

Hunde wirken sich nachweislich positiv auf die Gefühlswelt von Menschen aus – sie sind unvoreingenommene, bedingungslose und wertungsfreie Wegbegleiter. Erkrankte Menschen können speziell im Umgang mit einem geschulten Therapiehund Gefühle wie Glück, Zuneigung und Verantwortung für sich wiederentdecken. Sie überwinden Ängste und steigern ihre kognitiven Fähigkeiten. Ob bei körperlichen oder psychischen Erkrankungen – die Krankheitsbilder, bei denen die tiergestützte Therapie anwendbar ist, sind vielfältig. Voraussetzung ist immer, dass der Patient nicht ängstlich oder allergisch auf Hunde reagiert und sich vorher mit dem Besuch eines Therapiehundes einverstanden erklärt hat.

Pauls bisher schwerster Job? „Ganz am Anfang bat eine Patientin der Palliativstation darum, noch einmal einen Hund streicheln zu dürfen“, so Simone Siemke. „Hier war nicht, wie sonst oft, Pauls Mobilität, sondern sein ruhiges Gemüt gefragt. Und so lag er dann eine halbe Stunde ruhig bei der Patientin im Bett und ließ sich streicheln. Im Zimmer war es sehr warm. Das auszuhalten, war für ihn die größte Herausforderung, die er aber gut gemeistert hat.“

Der Klinikalltag ist für Paul also nicht nur Spaß, sondern auch eine anstrengende Aufgabe – sowohl körperlich als auch emotional. Er hat deswegen wie andere Mitarbeiter auch, einen Arbeitsvertrag, in dem klar geregelt ist, wie lange und wie oft er arbeiten muss - und wann er einfach nur ‚Hund‘ sein darf. In seiner freien Zeit genießt er denn auch sein Hundeleben in vollen Zügen – vor allem bei langen Spaziergängen mit Frauchen oder beim Spielen und Toben mit seinen Artgenossen.

Therapiehunde werden nach strengen Kriterien ausgewählt und ausgebildet. „Generell ist jede Rasse dafür geeignet. Wichtig ist nur, dass kein Aggressionspotential vorliegt und Herrchen und Hund einander vertrauen können“, so Siemke. Auch Paul und Simone Siemke haben eine 20-monatige Ausbildung absolviert, die praktische und theoretische Grundlagen für Hund und Halter umfasste. Dabei wurden auch die wichtigsten Eigenschaften des Vierbeiners getestet und trainiert. Dazu zählen unter anderem die Stressresistenz, der Grundgehorsam oder die Geduld des Hundes.

Für gewöhnlich sind Therapiehunde eher in Schulen, Kindergärten, Jugendzentren, psychologischen Einrichtungen oder auch in Justizvollzugsanstalten anzutreffen. In Krankenhäusern gibt es deutschlandweit bisher nur sehr wenige Therapiehunde. In Hildesheim und Umgebung ist Paul der Erste. Aus hygienischen Gründen ist das Mitführen von Tieren in Krankenhäusern grundsätzlich nicht erlaubt. Der Aufenthalt von Paul stellt eine absolute Ausnahme dar und ist nur unter strengsten Hygieneauflagen und der Einhaltung einer klar geregelten Wegeführung möglich. Das heißt, dass Paul innerhalb der Klinik nur bestimmte Wege - wie etwa Treppen oder Flure - benutzen darf, die im Nachgang gereinigt werden. Paul muss zudem ein tierärztliches Gesundheitsattest vorweisen sowie regelmäßig geimpft, entwurmt, gebadet und gebürstet werden. Vor und nach jedem Kontakt mit dem Hund werden Hände und Flächen zum Schutz von Mensch und Hund zudem gründlich desinfiziert. 

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Krebs ist nach wie vor eine der größten Herausforderungen für die Gesundheitssysteme weltweit. Krebs ist die zweithäufigste Todesursache auf der Welt – jeder sechste Todesfall ist die Folge einer Krebserkrankung.

(Veröffentlicht: Juni 2018)

Eine der modernsten Waffen im Kampf gegen Krebs ist dagegen winzig klein, nicht einmal den millionsten Teil eines millionsten Millimeters groß: ein Proton. 2020 will die zu Fresenius Helios gehörende spanische Klinikgruppe Quirónsalud das erste Protonentherapiezentrum Spaniens eröffnen.

Protonentherapie ist eine der fortschrittlichsten Methoden zur Behandlung von Krebspatienten. Dabei wird der Tumor mit positiv geladenen Kernen von Wasserstoff-Atomen bestrahlt. Gegenüber klassischen Verfahren der Strahlenbehandlung hat die Protonentherapie deutliche Vorteile: Der Protonenstrahl wirkt sehr viel genauer auf den Tumor ein, sodass das umliegende gesunde Gewebe geschont wird. Dadurch kann der Tumor mit deutlich höheren Dosen bestrahlt und zuverlässiger bekämpft werden. Die gesamte eingesetzte Strahlendosis ist dagegen deutlich geringer, ebenso die Nebenwirkungen. Damit ist die Protonentherapie insbesondere auch zur Behandlung von Kindern geeignet.

Gegenüber klassischen Verfahren der Strahlenbehandlung hat die Protonentherapie deutliche Vorteile.

Das Gerät kann um 360 Grad um den Patienten rotieren.

Das Geheimnis dahinter liegt in der Natur der Protonen. Die bei der konventionellen Strahlentherapie meist eingesetzte Röntgenstrahlung durchdringt den gesamten Körper. Weil ihre Energie dabei exponentiell abnimmt, muss die Eintrittsdosis besonders hoch sein, damit sie beim Auftreffen auf den Tumor immer noch eine zerstörende Wirkung hat. Dadurch kann sie auf ihrem Weg zum Tumor und auch danach gesundes Gewebe schädigen. Protonen dagegen geben ihre Energie erst am Ende ihrer Flugbahn ab. So lässt sich ihre Wirkung millimetergenau steuern.

Derzeit gibt es in ganz Europa nur rund 20 Zentren für Protonentherapie, darunter in Deutschland, Frankreich und Italien. In Madrid hat Quirónsalud nun das erste derartige Zentrum in Spanien errichtet und dafür rund 40 Millionen Euro investiert. 2020 soll es in Betrieb gehen.

Mit Proteus One setzt Quirónsalud dabei auf ein einzigartiges und besonders kompaktes Behandlungssystem. Im Gegensatz zu anderen Protonentherapiesystemen vereint Proteus One alle erforderlichen Instrumente in einem einzigen multifunktionalen Raum. Das Gerät enthält ein Tumor-Scanning-System, um dem Arzt die Festlegung der am besten geeigneten Dosis in jedem zu behandelnden Bereich des Körpers zu erleichtern, und verfügt über modernste bildgebende Systeme. Das Gerät kann um 360 Grad um den Patienten rotieren, sodass der Protonenstrahl aus jedem beliebigen Winkel eingesetzt werden kann.

Spaniens erstes Protonentherapiezentrum (Englisches Video)

Für den Bau des neues Protonentherapiezentrums in Madrid hat Quriónsalud rund 40 Millionen € investiert.

„Die Investition in den Bau eines Protonentherapiezentrums zeigt, wie wir kontinuierlich nach immer besseren Behandlungsmöglichkeiten für unsere Patienten suchen“, betont Dr. Leticia Moral, Generaldirektorin für Assistenz und Qualität von Quirónsalud. „Diese neue Ausrüstung wird uns aber nicht nur ermöglichen, Krebspatienten sehr effektiv und mit geringen Nebenwirkungen zu behandeln, sondern uns auch bei der Erforschung neuer Behandlungsformen helfen.“

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6:00 Uhr: Es riecht nach Tee. Zwölf Frauen versammeln sich mit dampfenden Bechern um den Stationstresen. Pünktlich beginnt auf der Schweriner Neonatologie die Übergabe vom Nacht- ans Tagteam – zunächst mit allen Pflegenden, damit alle auf einem Stand sind. Anschließend teilt Stationsleiterin Ines Niemann den Krankenschwestern die Zimmer zu. Dort geht die Schichtübergabe in kleinen Teams ausführlich weiter, von Brutkasten zu Brutkasten, von Bettchen zu Bettchen.

(Veröffentlicht: Dezember 2016)

Die 22 Betten der Station verteilen sich auf sieben Zimmer, alle über einen langen Gang verbunden, dessen Wände im Stil einer Wasserwelt gestaltet sind. Bunte Fische und Korallen, Boote, Leuchttürme und Strände bringen Farbe in einen Bereich, in dem sonst nicht viel an Kindheit erinnert. Es gibt vier Intensivpflegezimmer (ITS) mit Platz für jeweils drei Inkubatoren sowie drei Intensivüberwachungszimmer (IMC) mit je vier Wärmebettchen. Drei Rooming-in-Zimmer – sie heißen „Haifisch“, „Seepferdchen“ und „Wal“ – mit jeweils zwei Betten ermöglichen es den Müttern, ihren Kindern rund um die Uhr nahe zu sein. Pro Jahr werden in der Schweriner Neonatologie über 400 Frühgeborene beziehungsweise kranke reife Neugeborene behandelt. Als Frühgeborene gelten Kinder, die vor der 37. Schwangerschaftswoche das Licht der Welt erblicken.

Als Frühgeborene gelten Kinder, die vor der 37. Schwangerschaftswoche das Licht der Welt erblicken.

„Nicht alle Kinder, die unter der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, sind gleich gefährdet. Die Herausforderung in der Behandlung und das Risiko für Komplikationen sind umso größer, je unreifer das Kind ist“, sagt Chefarzt Dr. Olaf Kannt. Sei es, dass der Säugling keine Nahrung verträgt, der Darm überfordert ist oder die Lunge noch nicht so weit ist, dass das Kind selbständig atmen kann. Je unreifer das Neugeborene, umso größer ist auch das Risiko von Hirnblutungen. „Weil sich diese nur sehr schwer behandeln lassen, tun wir alles, um sie zu verhindern“, so Dr. Kannt.

Was das genau bedeutet, ist in der HELIOS Checkliste zur Vermeidung von Hirnblutungen festgehalten. „Minimal Handling“ heißt das Zauberwort im Umgang mit den Frühchen: Sie werden so behutsam versorgt, wie es nur geht. Jedes Herausnehmen und Hineinlegen in Brutkasten oder Wärmebettchen geschieht langsam und mit Rücksicht auf die empfindliche Wahrnehmung des Kindes.

In den Intensivpflegezimmern ist es sehr warm, die Raumtemperatur liegt bei zirka 26 Grad. Medizintechnik dominiert die Zimmer: hochtechnisierte Inkubatoren, Schläuche, Kabel, Geräte und Monitore. Schwester Nicole kümmert sich hier um Mattes und Emil. Sie wickelt und füttert die Zwillinge, die in der 28. Schwangerschaftswoche geboren wurden, misst ihre Temperatur, gibt ihnen Medikamente. Regelmäßig lagert sie die Kleinen um, weil sie aufgrund ihrer empfindlichen Haut schnell Druckstellen bekommen.

Einmal in ihrer Schicht misst sie Blutdruck, einmal wöchentlich wird Blut aus der Ferse entnommen – so auch heute. „Das machen wir morgens gleich als Erstes, damit die Ergebnisse bis zur Visite vorliegen“, erzählt die 39-Jährige. Mit geübtem Handgriff, Punktionssystem und Entnahmeröhrchen zieht sie an der winzigen Ferse etwas Blut. Die Ergebnisse geben Auskunft über den Säure-Basen-Haushalt des Kindes und werden den Ärzten später sagen, ob die Infusionstherapie geändert werden muss.

Einmal pro Woche tauschen sich die Teams der Neonatologie und Geburtshilfe aus.

8:00 Uhr: Chefarzt Olaf Kannt beginnt mit der Visite. Heute sind besonders viele Ärzte und Pflegekräfte dabei: Einmal pro Woche führen die Teams von Neonatologie und Geburtshilfe die Morgenvisite gemeinsam durch und tauschen sich über den Gesundheitszustand der Kinder aus, die auf der Neonatologie aufgenommen wurden. In einem der Inkubatoren liegt Freja, die in der 36. Schwangerschaftswoche geboren wurde. Weniger ihr Geburtstermin gibt Anlass zur Sorge als ein angeborener Dünndarmverschluss. Kaum geboren, musste Freja bereits zwei Mal operiert werden. Bei der Visite entscheiden die Ärzte: Heute können die Fäden gezogen werden.

10:00 Uhr: Die ersten Mütter treffen ein. Eine von ihnen ist Xenia Dräger, die Mutter von Mattes und Emil. Seit sie ihre Kinder selbst versorgen darf, ist sie ins Rooming-in eingezogen. Von zehn Uhr morgens bis Mitternacht ist sie bei ihren Söhnen, wickelt und wäscht sie, schaut sie an, wenn sie schlafen, redet mit ihnen. Die Zwillinge liegen in einem Intensivzimmer in beheizten und transparenten Brutkästen aus Plexiglas. Piepende Monitore und Türme aus medizinischen Geräten beherrschen den Raum. Schläuche führen in die Nase und ernähren Mattes und Emil über eine Magensonde.Am Tag übernehmen vor allem die Eltern die Versorgung ihrer Kinder, die Schwestern stehen ihnen beratend zur Seite.

Die Frühchen werden so behutsam versorgt, wie es nur geht.

Die winzigen Gesichter verschwinden beinahe unter den Beatmungsmasken, mit der sie aussehen wie kleine Taucher. Doch die Masken brauchen sie, weil ihre Lungen für ein Leben außerhalb des Mutterbauchs noch nicht reif genug sind. Elektroden an Brust und Fuß überwachen ihren Kreislauf. Sie registrieren: Emil hat Atemaussetzer, seine Herzfrequenz sinkt – der Überwachungsmonitor schlägt Alarm. Xenia steht am Brutkasten ihres Sohnes. Von den Schwestern der Neonatologie hat sie den Alarm einzuschätzen gelernt; sie massiert ein wenig die Brust ihres Sohnes und drückt an seinen Füßen. Schließlich atmet Emil wieder und die Monitore verstummen.

„Mattes macht das schon ganz toll. Aber Emil hat leider noch häufig Atempausen. Das muss er noch lernen“, sagt sie und streichelt liebevoll sein Köpfchen. Zweimal am Tag liegen die Zwillinge für ein bis zwei Stunden auf ihrer Brust. Das sogenannte Känguruing ist wichtig: Studien belegen, dass die Atmung dann stabiler und der Herzschlag gleichmäßiger ist, die Babys sich beruhigen.

14:00 Uhr: Schwester Konstanze kommt zum Spätdienst. Sie ist ausschließlich im IMC-Bereich tätig. „Seit ich Mutter bin, fällt es mir schwer, die ganz kleinen Würmchen, die ums Überleben kämpfen, zu umsorgen. In den Intensivüberwachungszimmern fühle ich mich wohler“, erzählt sie. Hier richtet sich die Versorgung nach dem Rhythmus der Kinder. Sie liegen in ihren Wärmebettchen und werden in der Regel nur noch über eine kleine Manschette, die an ihrem Fuß befestigt ist, überwacht. Am Tag übernehmen vor allem die Eltern die Versorgung ihrer Kinder, die Schwestern stehen ihnen beratend zur Seite. „Viele Eltern sind unsicher im Umgang mit ihren Kindern, vor allem, wenn diese noch krank sind. Unsere Aufgabe besteht in erster Linie darin, Ängste zu nehmen, die Eltern im Umgang mit ihren Kindern anzuleiten und ihnen damit Sicherheit zu geben“, sagt Schwester Konstanze.

Lisa Dierenfeld zieht mit Tochter Freja in das Haifisch-Zimmer zum Rooming-in ein.

16:00 Uhr: Für Mama Lisa Dierenfeld und Tochter Freja ist jetzt Kuschelzeit. „Sie hat heute zum ersten Mal an der Brust getrunken“, erzählt die junge Mutter stolz. Erleichterung und Freude schwingen in ihrer Stimme mit. „Bereits während meiner Schwangerschaft haben wir erfahren, dass Freja einen Dünndarmverschluss hat, der außerhalb der Bauchdecke endet. Wir wussten, dass sie gleich nach der Geburt operiert werden und auf die Frühchenstation ziehen würde.“

Lisa und ihr Freund hatten schon einen Termin zur Stationsbesichtigung vereinbart, um sich auf die Zeit nach der Geburt vorzubereiten, als Freja vier Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin per Notkaiserschnitt auf die Welt geholt werden musste.

„Ich konnte mein Kind erst zwei Tage nach der Geburt sehen. Die ganze Technik um ihr Bettchen, die vielen Kabel und Monitore. Das war ein Schock, ich habe einfach nur geweint. Am dritten Tag durfte ich Freja auf den Arm nehmen. Da hatte ich das erste Mal das Gefühl von einem ‚Geburtsmoment‘.“ Die Geduld und das Warten darauf, dass es ihrer Tochter besser geht, haben sich gelohnt: Heute zieht Lisa in das Haifisch-Zimmer zum Rooming-in ein. Sie ist voller Zuversicht: „Ich ziehe ein und bleibe so lange, bis meine Tochter und ich gemeinsam nach Hause gehen können.“

Christian Güttel holt mit dem Transportinkubator ein Frühchen aus dem Kreißsaal ab.

20:00 Uhr: Langsam kehrt Ruhe auf der Neonatologie ein: Bis 23 Uhr ist Nachtruhe, ehe dann die nächste Versorgungsrunde beginnt. Die Lichter in den Patientenzimmern sind gedimmt oder aus. Die einzigen Laute sind das leise Ventilatorenrauschen der Geräte und dann und wann ein Alarm, wenn ein Baby vergisst zu atmen und Herzfrequenz und Sättigung sinken. Dann kommen die Schwestern an den Inkubator und regen mit einer Massage von Brust oder Fuß die Atmung wieder an. Zum Pflegeteam der Nachtschicht gehört auch Schwester Janet. Ihr Arbeitsbereich sind die IMC-Zimmer. Gerade befinden sich sechs Babys in ihrer Obhut. Noch weiß die 44-Jährige nicht, dass ihre Schützlinge heute Nacht noch einen neuen Mitbewohner bekommen.

22:30 Uhr: Der diensthabende Arzt Christian Güttel kommt und informiert sich über Besonderheiten im Laufe des Spätdienstes. Anschließend wirft er einen prüfenden Blick in jeden Inkubator und jedes Bettchen und untersucht einige Kinder. „Im Kreißsaal liegt eine Schwangere in der 34. Woche. Es kann gut sein, dass wir heute Nacht noch Zuwachs bekommen“, sagt der Oberarzt zu Schwester Janet. Und tatsächlich: Eine Stunde später kommt der Anruf. Beide machen sich mit einem transportablen Inkubator auf den Weg in den Kreißsaal und holen den nur wenige Minuten alten Robin.

„Jedes Kind, das unter der 37. Schwangerschaftswoche geboren wird, kommt zur Überwachung auf die Neonatologie“, erklärt Oberarzt Güttel. Er macht bei dem Jungen einen Gesundheitscheck und bemerkt fehlende Falten unter der Fußsohle oder Fingernägel, die noch nicht bis an den Rand der Finger reichen – alles deutliche Unreifezeichen. „Mit unserem Wissen und medizinischen Geräten versuchen wir eine Entwicklung wie im Mutterleib zu simulieren. Unsere Schützlinge bekommen hier alle medizinische Hilfe, die sie brauchen.“

3:30 Uhr: Die restliche Nacht ist ruhig verlaufen. Jetzt erfolgt die letzte Versorgungsrunde, bevor der Frühdienst die Aufgabe wieder übernimmt. Schwester Janet schreibt Kurven für den nächsten Tag vor, wartet das Transportsystem und füllt noch Infusionen und Desinfektionsspender auf. Jemand hat bereits Tee gekocht – die Kollegen der Frühschicht stehen schon in den Startlöchern. 

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In einer achtstündigen Operation korrigiert Prof. Kostelka den schweren angeborenen Herzfehler des kleinen Philipp.

8:30 Uhr: Im Kinderoperationssaal des Herzzentrums Leipzig laufen die letzten Vorbereitungen. Auf dem Operationstisch in der Mitte des Saals liegt der gerade mal neun Tage alte Philipp bereits in Narkose.

(Veröffentlicht: Februar 2018)

Das regelmäßige Piepen des EKGs und die Linien auf einem der Monitore zeigen, dass Philipps Herz scheinbar ganz normal arbeitet. Doch der Junge leidet unter einem sehr schweren angeborenen Herzfehler. Lungen- und Hauptschlagader sind vertauscht, sodass Blut- und Lungenkreislauf nicht wie im Normalfall hintereinander geschaltet sind, sondern parallel laufen. Der Körper wird kaum mit Sauerstoff versorgt. Nur die operative Korrektur dieses anatomischen Fehlers kann Philipps Leben retten.

Pro Woche steht Professor Kostelka durchschnittlich sieben Mal im Kinder-OP des Herzzentrums.

Der Eingriff ist herausfordernd, doch Philipp ist in sehr guten Händen: Der Kinderherzchirurg Professor Martin Kostelka zählt weltweit zu den Besten seines Fachs. Über 10.000 Operationen hat er in seiner 30-jährigen Berufskarriere bereits durchgeführt. Mit einer Erfolgsquote von 99 Prozent. Das jüngste Kind, das Professor Kostelka jemals operiert hat, war ein Frühchen, das in der 25. Schwangerschaftswoche geboren wurde und gerade mal 460 Gramm wog. Das älteste „Kind“ hingegen war eine 77-jährige Dame, bei der noch im höheren Alter ein angeborener Herzfehler entdeckt wurde. Pro Woche steht Professor Kostelka durchschnittlich sieben Mal im Kinder-OP des Herzzentrums. Dabei unterstützt ihn sein Team aus OP-Schwestern, Anästhesisten, Kardiotechnikern, Assistenzärzten und OP-Assistenten. Unter ihnen ist auch Ingrid Conradt. Die Leitende OP-Schwester arbeitet seit über 20 Jahren im Herzzentrum. „Wir sind ein sehr eingespieltes Team“, erklärt sie. „Wir können uns 100-prozentig aufeinander verlassen.“

9:00 Uhr: Professor Kostelka öffnet Philipps Brustkorb und legt das Herz frei. Es ist nur etwa so groß wie eine Walnuss. Im nächsten Schritt kann der Kardiotechniker die speziell für Kinder angepasste Herz-Lungen-Maschine anschließen. Professor Kostelka gibt knappe Anweisungen. Temperatur, Geschwindigkeit, der Fluss der Herz-Lungen-Maschine, Druck … alles muss genau stimmen, wenn die Maschine die Arbeit von Philipps Herz übernimmt und stellvertretend das Blut durch den Körper pumpt. Kurz nach 10:00 Uhr steht Philipps Herz dann still und Professor Kostelka beginnt mit seiner eigentlichen Arbeit – der filigranen Umpflanzung der winzigen Kranzarterien und der vertauschten großen Gefäße, damit diese am Ende wie beim gesunden Menschen richtig von der entsprechenden Pumpkammer abgehen.

Ein Herz aus Sicht eines Rhythmologen im Elektrophysiologischen Labor. Zu sehen ist der linke Vorhof mit den abgehenden Lungenvenen.

12:00 Uhr: Während im Kinder-OP stille Konzentration herrscht, geht es zwei Etagen tiefer im Elektrophysiologischen Labor (EPU-Labor) etwas lauter zu „Gib mir mal 35 Watt vorn drauf“, sagt Professor Andreas Bollmann, Leitender Oberarzt der Abteilung Rhythmologie. „Wir Rhythmologen sind quasi die Herzelektriker“, erklärt er mit einem Schmunzeln. „Zu schnell, zu unregelmäßig oder zu langsam schlagende Herzen können wir mit Hilfe von Ablationen oder auch mit dem Einbau von Defibrillatoren und Schrittmachern mit einer großen Chance auf Heilung behandeln.“

Vor ihm liegt Günther K., der unter Vorhofflimmern leidet - eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen. Über einen Zugang in der Leiste des 67-jährigen schiebt Professor Bollmann einen Katheter mit einer Elektrode bis in das Herz des Patienten. So kann er die für die falschen Reizweiterleitungen verantwortlichen Punkte nach und nach veröden. Auf einem riesigen Bildschirm sieht er nicht nur die Linien des EKGs und die Röntgenaufnahme des Herzens, sondern auch ein leuchtendes, fast amöbenartiges Gebilde in 3D. „Das ist der linke Vorhof mit den einmündenden Lungenvenen. Mit Hilfe dieser exakten Darstellung erarbeiten wir uns den genauen Fahrplan über die zu verödenden Punkte“, erklärt Bollmann. Während er den Katheter mit den Elektroden führt, steht sein Team an einer Art Schaltzentrale aus verschiedenen Bildschirmen und Apparaten. Nach seinen Anweisungen geben sie die nötigen elektrischen Impulse, messen Werte und kontrollieren die Bildgebung.

Erleichterung nach einer langen erfolgreichen Operation: Prof. Martin Kostelka im Gespräch mit Angehörigen.

„Wir haben hier nicht nur das weltweit größte EPU-Labor, sondern verfügen auch über die innovativste Technik und Bildgebung auf diesem Gebiet“, so Bollmann. Erst 2015 hatte Helios über fünf Millionen Euro in die Leipziger EPU-Labore investiert. Dabei sind es nicht nur die Modernität und Innovationskraft, die das Herzzentrum auch international attraktiv machen. Ebenso sorgt die aktiv betriebene Forschung auf allen Gebieten der kardiovaskulären Medizin für eine hohe Anziehungskraft.

Ärzte aus aller Welt bilden sich hier weiter oder wechseln dauerhaft nach Leipzig. Allein in der Abteilung für Rhythmologie arbeiten Ärzte aus acht verschiedenen Nationen, insgesamt sind im Herzzentrum Leipzig Mitarbeiter aus über 40 Ländern beschäftigt.

17:30 Uhr: Zurück auf der Kinderintensivstation. Philipp hat die schwere Operation überstanden. Aus den ursprünglich veranschlagten vier Stunden sind fast acht Stunden Operation geworden. Professor Martin Kostelka sieht müde, aber zufrieden aus. „Manchmal entpuppt sich während einer Operation die Situation als wesentlich komplexer als angenommen. Dann muss man von seiner Routine abweichen, reagieren, Lösungen finden“, sagt er. „In Philipps Fall war das so. Aufgrund einer anatomischen Anomalie der Herzkranzgefäße haben wir insgesamt drei Mal neu angesetzt und damit auch drei Mal das Herz stillgelegt – eine enorme Belastung für den kleinen Jungen. Aber wir haben es geschafft, und jetzt bin ich einfach nur richtig glücklich und zuversichtlich“, lächelt er.

Schon knapp drei Wochen später kann Philipp mit seiner Mutter das Krankenhaus verlassen. Der Säugling ist wohlauf. Mit seiner Familie kann er nun in ein gesundes Leben starten.

 

Fotos: © Thomas Oberländer, Helios

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Raphael Boos, Auszubildender bei Fresenius, Dr. Gerd Krick, Aufsichtsratsvorsitzender von Fresenius und Nathalie Neubert, duale Studentin bei Fresenius (v.l.n.r.).

Nathalie Neubert, duale Studentin für International Business, und Raphael Boos, Auszubildender zum Mechatroniker, haben den Aufsichtsratsvorsitzenden von Fresenius Dr. Gerd Krick anlässlich seines 80. Geburtstags zu seinem persönlichen Werdegang, zur Entwicklung von Fresenius und zur richtigen Studienwahl befragt – und ganz spontan und direkt interessante Antworten erhalten.

(Veröffentlicht: Januar 2018)

Nathalie Neubert: Guten Tag, Herr Dr. Krick. Wir freuen uns, dass Sie heute das Interview mit uns machen. Sie sind jetzt seit über 40 Jahren bei Fresenius. Als Sie hier angefangen haben, hatte das Unternehmen gerade einmal rund 1.000 Mitarbeiter, hauptsächlich in Deutschland. Heute sind es fast 300.000 in über hundert Ländern weltweit. Was hat sich aus Ihrer Sicht in dieser Zeit am meisten verändert? Was ist vielleicht auch gleich geblieben?

Dr. Gerd Krick: Das ist keine leichte Frage. Gleich geblieben ist die Arbeit. Man muss heute noch genauso arbeiten, wie wir früher gearbeitet haben. Verändert hat sich, dass man, wenn man ein Unternehmen führt, nicht mehr alle Mitarbeiter kennt. Das ist verloren gegangen. Es sind einfach so furchtbar viele, dass man noch nicht einmal alle leitenden kennt. Früher kannte ich alle. Früher bin ich noch durch die Abfüllung gegangen und kannte noch jemanden, der an der Füllmaschine stand. Das ist heute vorbei.

Raphael Boos: Es ist heutzutage sehr üblich, den Arbeitgeber häufig zu wechseln. Früher ist man oft ein Leben lang in einem Betrieb geblieben. Sie sind selbst beeindruckende 40 Jahre und mehr beim selben Betrieb. Hat es in Ihrer Karriere je einen Moment gegeben, an dem Sie gerne woanders hineingeschnuppert hätten?

Dr. Gerd Krick: Eigentlich nein, weil die Aufgabe so interessant war, dass man nicht auf die Idee kam, woanders hinzugehen. Das Unternehmen wächst und ist immer gewachsen, und die Aufgaben waren so interessant, dass man mit einem Wechsel des Arbeitgebers keinen Zugewinn erreichen konnte. Dass man mal in die Zeitung geschaut hat, gab es natürlich. Aber wenn man dann vergleicht, weiß man, dass man in der richtigen Branche ist. Wir haben den großen Vorteil, im Gesundheitswesen zu sein, und da muss man klar sagen: Wer im Gesundheitswesen nicht wirklich wächst, der macht etwas falsch.

Raphael Boos: Sie haben Fresenius extrem geprägt. Da stellt sich mir die Frage: Inwiefern hat denn Fresenius auch Sie geprägt?

Dr. Gerd Krick: Das könnte ich gar nicht beantworten. Ich bin so, wie ich bin. Das Entscheidende, was ich Ihnen, die jetzt in einem Unternehmen neu anfangen, sagen will, ist: Lassen Sie sich Ihr Rückgrat nicht verbiegen. Mein Rückgrat ist nie verbogen worden. Deswegen kann ich nicht sagen, dass ich durch Fresenius verändert worden bin. Ich bin so, wie ich bin.

Raphael Boos: Das ist eine sehr gute Eigenschaft. Ich als angehender Mechatroniker würde gerne noch ein bisschen tiefer in die Ingenieursrichtung gehen und fragen: Braucht ein Ingenieur eher das Fachwissen oder eher die Kreativität?

Dr. Gerd Krick: Eher die Kreativität. Man muss sich immer überlegen: Womit kann ich etwas besser machen? Um es dann wirklich besser zu machen, müssen Sie kreativ sein. Ich glaube, dass die Kreativität eine viel größere Rolle spielt als das reine Fachwissen.

Hinter den Kulissen: Blick auf das Videointerview

Nathalie Neubert: Sie sind ja nun, obwohl Sie promovierter Ingenieur sind, schon lange in der Unternehmensführung tätig. Würden Sie jungen Menschen wie uns, die auch am Management interessiert sind, eher zu einem Ingenieursstudium oder zur klassischen BWL raten?

Dr. Gerd Krick: Wenn ich überheblich bin, sage ich ganz nüchtern: zum Ingenieursstudium. Denn das Wissen können Sie im Leben nicht mehr gewinnen. Während Sie die Kenntnisse, wie man verkauft, wie man rechnet, im Berufsleben jederzeit nachträglich gewinnen können. Das heißt, das Wissen eines BWL-Studiums ist im Laufe des Lebens leichter zu erreichen als ein Ingenieurwissen.

Raphael Boos: Wenn Sie heutzutage die Lust hätten, noch einmal ein neues Produkt zu entwickeln, woran würden Sie am liebsten arbeiten?

Dr. Gerd Krick: Da muss ich mich auf die Dialyse beziehen. Das einzige wirkliche ungelöste Problem in der Dialyse ist der Shunt, das heißt die Verbindung von Vene zu Arterie. Dieser Shunt ist ein synthetisches Produkt. Diese Verbindung ist da, damit Sie hohe Blutflüsse erreichen. Sie können mit niedrigen Blutflüssen keine Dialyse machen. Wenn der Shunt kaputt geht, führt das zu Infektionen. Das ist ein grundsätzliches Problem in der Dialyse. Fresenius Medical Care ist gerade eine Vereinbarung eingegangen mit Humacyte, wo ein Gefäßsystem entwickelt wird, das auf menschlichen Zellen beruht. Das ist eine Durchbruchsinnovation. Wenn ich heute wieder irgendwo neu anfangen müsste: Ich würde sofort bei dieser Firma anfangen.

 

Raphael Boos (22) macht seit diesem Sommer eine Ausbildung zum Mechatroniker bei Fresenius. Nathalie Neubert (20) ist seit vergangenem Jahr als duale Studentin für International Business bei Fresenius.

Nathalie Neubert: Aber Sie sind mittlerweile seit schon 15 Jahren Aufsichtsratsvorsitzender. Wir glauben, dass viele hier bei Fresenius gar nicht so genau wissen, was man in dieser Position eigentlich macht, da es ja auch kein ganz gewöhnlicher Job ist. Deshalb wollten wir Sie bitten, uns einen kurzen Einblick in Ihre Aufgaben zu geben.

Dr. Gerd Krick: Da müssten wir ganz lange diskutieren, aber ich versuche es mal kurz zu machen. Mit dem Wissen, das man in diesen vielen Jahren gewonnen hat, von den Produkten, von den Innovationen, von den Märkten, von: „wie verkaufe ich?“ – dieses Wissen einzubringen, ist die Aufgabe des Aufsichtsrats.

Es ist für einen Aufsichtsrat nahezu unmöglich, alle Vorgaben eines Projektes zu prüfen. Dann müssen Sie diese Arbeit nämlich selber machen. Dann müssen Sie selber mit den Partnern verhandeln. Das kann ein Aufsichtsrat nicht leisten. Das heißt, was Sie tun können, ist, das, was Ihnen vorgelegt wird, mit dem Wissen, das Sie im Beruf erlangt haben, zu bewerten und mit dem Vorstand zu diskutieren. Er muss dann Antwort geben auf die Einwände, die man hat. Das ist eigentlich die wichtigste Aufgabe. In dem Moment, indem man versucht, als Aufsichtsrat die Geschäfte selber zu machen, dann muss man – das sage ich immer wieder – auch Vorstand bleiben.

Videointerview mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden von Fresenius, Dr. Gerd Krick

Anlässlich seines 80. Geburtstags hat sich der Aufsichtsratsvorsitzende von Fresenius Dr. Gerd Krick in einem offenen Gespräch den Fragen zweier junger Kollegen gestellt.

Nathalie Neubert: Dann sind wir jetzt am Ende des Interviews angelangt. Nur noch eine letzte Frage, und zwar: Möchten Sie den Fresenius-Mitarbeitern auf diesem Weg noch eine Botschaft überbringen?

Dr. Gerd Krick: Die Botschaft ist ganz einfach: Bleibts weiter erfolgreich – und besser als die Konkurrenz!

Raphael Boos: Vielen Dank, Herr Dr. Krick, für dieses schöne Interview. Wir wünschen Ihnen alles Gute auf Ihrem weiteren Weg.

Nathalie Neubert: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.

Dr. Gerd Krick: Diese Diskussion hat mir Freude gemacht. Danke. Ich hoffe, dass ich das weitere Wachstum noch einige Zeit begleiten kann.

Das Piepen des Überwachungsmonitors durchdringt den Raum. Die Herzfrequenz wird immer schneller. Der Patient atmet schwer, beginnt zu husten. Seine rechte Gesichtshälfte ist geschwollen. „Haben Sie irgendwelche Allergien, Herr Schönfeld?“, beugt sich der behandelnde Arzt über seinen Patienten, während er geübt den Hals abtastet. „Keine Allergien“, erwidert der Patient mit schwerer Zunge. Die Sauerstoffsättigung fällt.

(Veröffentlicht: Dezember 2016)

„Soll ich Unterstützung holen?“, fragt die anwesende Gesundheits- und Krankenpflegerin, Romy Wießner, und geht auf ein Nicken von Assistenzarzt Dr. Roland Hiersemann zum Telefon. „Wir benötigen Verstärkung in der Notaufnahme“, spricht sie in den Hörer. Zurück am Bett des Patienten krempelt sie seinen Ärmel hoch und legt eine Venenverweilkanüle an. Beim Zurückziehen der Nadel fließt ein Tropfen Blut. Eigentlich eine normale Reaktion. Doch in diesem Fall handelt es sich um eine technische Raffinesse. Denn Herr Schönfeld ist kein Patient aus Fleisch und Blut, sondern aus Kunststoff und Elektronik.

Im Simulationszentrum am HELIOS Klinikum Hildesheim trainieren Ärzte und Pflegekräfte nicht an echten Patienten, sondern an Hightech-Simulatoren. Sie sehen aus wie ein Patient und können sprechen, atmen, schwitzen, weinen. Man kann ihren Puls tasten und ihnen Blut abnehmen. Dass sie wie echte Patienten reagieren, liegt auch an Stephan Düsterwald, ärztlicher Leiter des Simulationszentrums, und seinem Team.

Während jedes Trainings sitzen sie in einem kleinen Kontrollbereich nebenan. Hinter den Glasscheiben steuern sie die Reaktionen des Simulators – lassen das Herz schneller schlagen und die Augen blinzeln. „Wir können lebensbedrohliche Situationen in einem realistischen Umfeld simulieren, ohne, dass dabei ein Patient zu Schaden kommt. Doch anders als im richtigen Leben sind in diesen Stresssituationen Fehler hier ausdrücklich erlaubt“, erklärt Düsterwald.

„Es hat sich absolut real angefühlt. Vorhin war’s noch ein Stück Plastik. Jetzt war es mein Patient.“

Als das zweite Ärzte-Team um Dr. Martin Köhler eintrifft, ist die Sauerstoffsättigung des Patienten stark gefallen. Er ist in einem kritischen Zustand. „Machst du noch Adrenalin auf 10?“, fragt Dr. Hiersemann in den Raum. Doch niemand antwortet. Die restlichen Mediziner wuseln um das Bett des Patienten herum, holen Medikamente, hängen Sauerstoff an, messen den Blutdruck und blicken immer wieder zum Monitor. Der Zustand des Patienten bessert sich jedoch nicht. Er muss intubiert werden.

Schnell leiten die Ärzte die Narkose ein und beginnen mit der Intubation. Diese gestaltet sich jedoch schwierig, denn Hals und Rachen des Patienten sind stark angeschwollen. Während Dr. Köhler vorsichtig den Beatmungstubus einführt, hört Dr. Hiersemann den Patienten ab. Wenige Sekunden ruht sein Stethoskop auf der Plastikbrust. Dann ist klar: „Der Tubus liegt korrekt.“ Daraufhin startet das Behandlungsteam die Beatmung und verfolgt erleichtert, wie die Sauerstoffsättigung wieder steigt.

Plötzlich Stille. Das Piepen des Überwachungsmonitors verstummt. Düsterwald und sein Team betreten den Raum und beenden das Szenario. Die Viertelstunde Training ist vorbei, die Stimmung angespannt. Erst langsam fällt der Druck von den Teilnehmern ab. „Es hat sich absolut real angefühlt“, äußert sich Dr. Köhler. Ganz automatisch geht er zum Desinfektionsspender und reibt sich die Hände ein. „Vorhin war’s noch ein Stück Plastik. Jetzt war es mein Patient“, sagt er etwas ungläubig.

Menschen machen Fehler. Bei Routineaufgaben im Schnitt alle 30 Minuten. Jeder. Wenn die Aufgaben komplexer werden und das Stresslevel steigt, passieren Fehler weitaus häufiger. Laut Studien bis zu zweimal pro Minute. „Auch Profis machen Fehler. Da wir alle Trainings aufzeichnen, können wir selbst kleine Unstimmigkeiten sichtbar machen und gemeinsam mit den Teilnehmern analysieren, wie man sie hätte verhindern können. So verbessern wir letztlich die Sicherheit unserer Patienten“, erklärt Düsterwald. „Unsere Ärzte und Pflegekräfte können auf einen großen Wissens- und Erfahrungsschatz zurückgreifen. Auch in schwierigen Situationen ist das Wissen zur Lösung des Problems häufig im Raum. Wir müssen nur sicherstellen, dass die richtigen Maßnahmen beim Patienten auch wirklich durchgeführt werden. Die Kommunikation im Team und mit dem Patienten spielt hierbei eine wichtige Rolle. Deshalb legen wir in den Trainings darauf einen Fokus.“

Im Nebenraum finden sich die Teilnehmer schließlich zur Nachbesprechung ein. Gemeinsam schauen sie sich einige Schlüsselszenen an. Aus der Distanz beobachten sie ihre eigenen Reaktionen, loben sich gegenseitig für gelungene Diagnosen, aber kritisieren auch offen und konstruktiv. „Die Übergabe an das zweite Ärzteteam hätte koordinierter sein können“, äußert sich Bastian Overheu, stellvertretender Leiter im Simulationszentrum. „Es war nicht mehr klar, wer das Team gerade anführt. Eine kurze Pause, beispielsweise nach dem 10-für-10-Prinzip, hätte die Situation ordnen können.“ Laut diesem Prinzip sollen Ärzte und Pfleger immer wieder, gerade in hektischen Situationen, kurze Pausen einlegen. Etwa alle zehn Minuten für jeweils zehn Sekunden. Das gibt dem behandelnden Arzt die Möglichkeit, seinen Plan laut auszusprechen. So ist sichergestellt, dass alle im Team das gleiche Verständnis der Situation haben und auch gute Ideen der Pflegekräfte nicht ungehört bleiben.

„Gerade gut eingespielte Teams haben oft stillschweigend dasselbe Verständnis von einer Situation. Sie kommunizieren fast ohne Worte. Missverständnisse sind zwar selten, aber sie können vorkommen. Es ist daher immer gut, seinen Kollegen zu signalisieren, dass man Fragen oder Anweisungen gehört hat. Das ist ein einfacher und wichtiger Sicherheitsmechanismus, den wir allen unseren Teilnehmern mitgeben“, erläutert Düsterwald.

Seit 2016 ist bei Fresenius Helios das Simulationstraining für alle Ärzte und Pfleger in den Risikobereichen, also Intensivmedizin und Anästhesie, verpflichtend. Auch Fachkräfte aus der Notfallmedizin, Geburtshilfe und dem Herzkatheterlabor trainieren hier regelmäßig ihre Fertigkeiten. Weitere Konzepte sind im Bereich Gastroenterologie und Chirurgie geplant. An den drei Standorten für Simulationszentren Erfurt, Hildesheim und Krefeld, finden mehr als 600 Trainingstage pro Jahr statt. Alle Teilnehmer trainieren nach einheitlichen Standards und in voll ausgestatteten OPs und Behandlungsräumen. Eine Besonderheit in Krefeld ist ein ins Zentrum fest integrierter Simulationsrettungswagen mit vollständigem Original-Innenleben samt Heck- und Seitentüren. HELIOS hat rund zwei Millionen Euro in die drei Simulationszentren investiert.

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Im ständigen Austausch: Stationsleiterin Ankica Gagro (li.) und Krankenhaushygienikerin Dr. Natalie Pausner.

Hygiene im Krankenhaus: essenziell für das Überleben der Patienten! Der Aufwand, den Kliniken dafür betreiben: enorm! Und trotzdem kommt es immer wieder zu Vorfällen, bei denen sich Infektionen auf einer Station oder bei einzelnen Patienten ausbreiten. Krankenhauskeime bleiben ein Dauerthema in der Kliniklandschaft.

(Veröffentlicht: Juli 2017)

Auch das HELIOS Klinikum Duisburg (HKD) wurde 2013 von einer Infektionswelle durch multiresistente Erreger heimgesucht. Beim Hygienemanagement wurden Fehler gemacht, das Krankenhaus erlebte eine Krise. Doch die Krankenhausleitung zieht Konsequenzen, krempelt das Hygienemanagement um – und heute steht das HELIOS Klinikum Duisburg in Sachen Hygiene besser da als je zuvor.

Es ist Samstag, der 17. August 2013, ein makelloser Sommertag – über dem HELIOS Klinikum Duisburg aber bricht ein Unwetter herein. Die Medien schlagen „Keim-Alarm im Krankenhaus“, eine Zeitung deckt „sprunghaft ansteigende Infektionszahlen bei MRSA“ auf. Immer mehr Details kommen ans Licht. Bald darauf entziehen viele Patienten dem Klinikum das Vertrauen. Die Angst, sich während eines Klinikaufenthalts zu infizieren, ist groß. Die Fallzahlen sinken – genau wie die Motivation der Mitarbeiter.

Offene und regelmäßige Kommunikation der Verantwortlichen ist Teil des Erfolgsrezepts.

Heute zählt das HKD bei der Infektionsprävention zu den besten Kliniken in der HELIOS Kliniken Gruppe, wie die regelmäßig veröffentlichten Hygiene-Berichte zeigen. Für Dr. Holger Raphael, seit Mitte 2013 Duisburger Klinikgeschäftsführer, ein Grund zur Freude, aber nicht zum Ausruhen: „Wir haben damals die Wende geschafft. Doch Infektionsprävention ist eine unendliche Geschichte, vor allem angesichts weltweit zunehmender Antibiotikaresistenzen. Unsere erste Priorität heute ist daher nach wie vor, das Thema weiterhin in den Köpfen präsent zu halten.“

Hygienearzt Dr. Jörn-Peter Oeltze demonstriert die Bakterienkultur eines Handschlags.

Aufgezogen waren die dunklen Wolken lange bevor der Maximalversorger Ende 2011 zur HELIOS Kliniken Gruppe kam. Erhöhte Infektionszahlen entstehen auch nicht über Nacht. Sie sind meist die Folge ineffizienter Strukturen, mangelnder medizinischer Qualität oder fehlender Kenntnisse der Belegschaft. Im Duisburger Fall kamen unter anderem die über die ganze Stadt verteilten Standorte erschwerend hinzu, da sie täglich unzählige Transporte erforderten und den Informationsfluss erschwerten. „Es gab lange Zeit aber auch viel Unsicherheit im Umgang mit multiresistenten Erregern. Wir hatten kaum einheitliche Regelungen, viele Abteilungen etablierten über die Zeit ihre eigenen Abläufe“, erinnert sich Ankica Gagro, heute Stationsleitung der Kardiologie, an die Zeiten vor HELIOS. So konnte es damals passieren, dass sich die Vorgaben für Patienten während des Aufenthalts von Station zu Station veränderten – trotz gleicher Bedingungen und Erreger. Vielen Kollegen fehlten die Möglichkeit zur offenen Kommunikation und der Zugang zu Informationen.

Noch bevor die Integration des HKD in die HELIOS Kliniken Gruppe abgeschlossen ist und Verbesserungen im Hygienemanagement richtig greifen, kommt es 2013 so zum „Keim-Skandal“. Das Tempo für Veränderungen in den betroffenen Bereichen wird daraufhin nochmals erhöht. Klinikleitung und die neue Krankenhaushygienikerin Dr. Natalie Pausner analysieren und priorisieren die Probleme und schieben auch bereits etablierte Verfahren wieder neu an: „Wir haben alle Mitarbeiter der patientennahen Bereiche sofort in die Bestandsaufnahme einbezogen und unsere Hygienerichtlinien verbessert. Die Mitarbeiter wurden daraufhin intensiv geschult. Zudem gehörte von diesem Zeitpunkt an die Desinfektionsmittelflasche fest in die Kitteltasche aller Ärzte und Pflegekräfte“, so Dr. Markus Schmitz, seit Anfang 2013 Chefarzt der Anästhesie und Ärztlicher Direktor. Akute Probleme werden schnell erkannt und behoben, etwa zu hoher Antibiotikaverbrauch, der Keimresistenzen begünstigen kann. Zudem wird die Befundung im Labor beschleunigt.

Regelmäßige Treffen von Dr. Natalie Pausner und dem Ärztlichen Direktor und Chefarzt der Anästhesie, Dr. Markus Schmitz, tragen zur systematischen Verbesserung der Hygiene bei.

„Im gleichen Jahr haben wir auch begonnen, die Antibiotikavisiten auf alle Bereiche auszudehnen und alle Patienten schon bei der Aufnahme auf MRSA zu screenen“, so Dr. Schmitz. Hinzu kommt die Einführung einer wöchentlichen Konferenz, in der jeder Todesfall im Haus mit allen medizinisch Beteiligten besprochen wird. Daraus können die Mediziner ableiten, wie vergleichbare Fälle künftig besser behandelt werden sollten.

Offene und regelmäßige Kommunikation der Verantwortlichen ist Teil des Erfolgsrezepts. Dr. Pausner und Dr. Schmitz treffen sich alle vier Wochen zum Austausch. In monatlichen „Reportings“ informieren sie zudem die Klinikleitung und Chefärzte über die aktuelle Infektionsdatenlage im Haus. Auch die Einführung kurzärmeliger Dienstkleidung der Ärzte 2015, die die Weitergabe von Keimen vermeiden hilft, geht auf ihre Initiative zurück.

Das HKD unternimmt viele weitere Maßnahmen, um die Hygiene stetig zu verbessern. Das Haus beteiligt sich etwa an verschiedenen Datenerhebungen des Nationalen Referenzzentrums und führt eine eigene konsequente Datenbankpflege in Sachen Erreger durch. So können die Verantwortlichen noch besser Ansatzpunkte für weitere effektive Hygienemaßnahmen erkennen. Parallel setzen die Stationen Desinfektionsmittel immer konsequenter und gezielter ein. Es gibt einheitliche Produktpaletten für die Befreiung eines Patienten von Erregern, keimreduzierendes, antiseptisches Waschen, hygienebeauftrage Ärzte und Pflegekräfte in jeder Fachabteilung sowie eine Online-Fortbildung zur Basishygiene. „Darüber hinaus kennzeichnen wir Patienten mit multiresistenten Erregern besser sichtbar in der elektronischen Patientenakte wie auch direkt am Bett“, so Dr. Pausner.

Nicht zuletzt informieren die Medizinerin und ihr Team die Mitarbeiter regelmäßig via Intranet und sind bei akuten Fällen sofort zur Stelle. Die Mitarbeiter nutzen diese Informationen intensiv, geben sie weiter – und halten so das Thema aktuell. Vor allem Letzteres ist, so vermutet Klinikgeschäftsführer Dr. Holger Raphael, auch eine langfristig positive Folge der Ereignisse von 2013. 

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Endlich eine glückliche Familie: Jaqueline und Evgenij Sinicyn mit ihrer Tochter Angelique.

Die Geburt eines Kindes ist eines der größten Geschenke im Leben. Für Jaqueline Sinicyn und ihren Mann Evgenij grenzt es an ein Wunder. Im Jahr 2013 wird die gelernte Hotelfachfrau in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt: Ein Auto erfasst die junge Frau, als sie mit dem Motoroller von der Arbeit nach Hause fährt. 28 Tage liegt sie im Koma.

(Veröffentlicht: Februar 2016)

Die Milz ist gerissen und muss entfernt werden. Durch den hohen Blutverlust kommt es zu einem Schock, ihre schwer geprellten Nieren versagen schließlich. Außerdem erleidet Sinicyn zahlreiche Knochenbrüche und eine Hirnblutung. Rund ein dutzend Mal wird sie im HELIOS Klinikum Hildesheim operiert. Insgesamt bleibt sie ein halbes Jahr im Krankenhaus. Während die Knochenbrüche wieder geheilt sind, ersetzt die Dialyse seit dem Unfall die Aufgabe der Nieren. Drei Mal die Woche muss Jaqueline Sinicyn für je vier Stunden an das Dialysegerät, um Giftstoffe aus ihrem Blut filtern zu lassen.

Die regelmäßige Blutwäsche ist nicht nur kräftezehrend, sondern beeinflusst durch hormonelle Veränderungen den Eisprung nachhaltig. Aus diesem Grund ist es für Patientinnen mit chronischer Nierenschwäche fast unmöglich, schwanger zu werden. „Nur etwa ein Prozent der Patientinnen im gebärfähigen Alter wird überhaupt schwanger", erklärt Prof. Dr. Burkhard Kreft, Chefarzt der Klinik für Nephrologie und Dialyseverfahren am HELIOS Klinikum Hildesheim. „Selbst wenn es gelingt, schwanger zu werden, verlieren etwa zwei Drittel der Dialysepatientinnen ihr Kind. Dass Frau Sinicyn sogar auf natürlichem Wege schwanger wurde, ist sehr ungewöhnlich. Umso mehr freuen wir uns über das niedliche gesunde Mädchen“, so Prof. Kreft.

Dass es für Dialysepatientinnen eine große Herausforderung ist, ein Kind zu bekommen, bestätigt auch Prof. Bernard Canaud, Chief Medical Officer von Fresenius Medical Care, dem weltweit führenden Anbieter von Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Nierenerkrankungen: „Weltweit sind uns nur wenige hundert Fälle bekannt, in denen Dialysepatientinnen ein gesundes Kind zur Welt gebracht haben. Zu den medizinischen Herausforderungen zählen unter anderem ein erhöhtes Risiko auf eine Frühgeburt und niedriges Geburtsgewicht."

Für Jaqueline Sinicyn war der Weg bis zur Geburt schwer. Da Schwangerschaften bei Dialysepatientinnen so selten sind, gibt es kaum Fachliteratur, aus der die Ärzte Erfahrungen von Kollegen ziehen konnten. Ist die Blutwäsche bereits für einen Dialysepatienten anstrengend, so ist sie für das ungeborene Kind noch belastender. Um Komplikationen zu vermeiden, musste der Rhythmus der Dialysebehandlungen zeitweise verdoppelt werden. Damit die hohen Harnstoffwerte der Mutter das Baby nicht gefährden, musste Jaqueline Sinicyn wöchentlich bis zu sechs Mal für vier Stunden zur Dialyse.

Prof. Dr. Burkard Kreft, Chefarzt der Klinik für Nephrologie und Dialyseverfahren am HELIOS Klinikum Hildesheim, erklärt der jungen Familie, wie eine gesunde Niere funktioniert.

Schließlich war es soweit: Per Kaiserschnitt wurde die kleine Angelique in der Frauenklinik des HELIOS Klinikums Hildesheim geboren. 41 Zentimeter und 1230 Gramm pures Glück. Das kleine Mädchen erblickte zwei Monate zu früh das Licht der Welt und wurde zunächst auf der Frühchenstation des Krankenhauses versorgt. Im Brutkasten wurde sie über eine Magensonde ernährt und ihre Atmung unterstützt.

„Wir haben unsere Tochter jeden Tag besucht und waren so oft es ging bei ihr“, erzählt der stolze Vater Evgenij Sinicyn. Und die tapfere kleine Angelique entwickelte sich gut: Bereits zwei Monate nach der Geburt hatte sie ihr Gewicht verdoppelt und konnte mit dem Fläschchen ernährt werden, sodass die junge Familie nach Hause konnte. „Wir sind sehr glücklich und dankbar, dass es der Kleinen so gut geht. Sie wächst gut und ist ganz normal entwickelt. Sie ist sogar absolut pflegeleicht und schreit fast nie“, schwärmt Jaqueline Sinicyn. „Jetzt sind wir froh, eine ganz normale Familie zu sein und genießen die Zeit zusammen.

 

Fotos: © HELIOS Klinikum Hildesheim und Kai Kapitän

Ein Krankenhaus privatisieren? Wer das vorhat, braucht nicht nur ein gutes Konzept, sondern auch starke Nerven. Die Widerstände in der Bevölkerung und Belegschaft können enorm sein.

(Veröffentlicht: Juni 2015)

So auch in Krefeld: Als Fresenius Helios das hoch defizitäre städtische Klinikum übernahm, gab es zunächst viele Vorurteile und Ängste. „Wir haben demonstriert, weil wir wollten, dass unser Krankenhaus städtisch bleibt“, erinnert sich Birgit Gillmann, Stationsleiterin Radiologie und Palliativmedizin im HELIOS Klinikum Krefeld. „Man hat gedacht, man wird gekündigt, die Stellen werden abgebaut, wir können unsere Patienten nicht mehr richtig versorgen, und es zählt nur noch Gewinn. Aber glücklicherweise ist genau das Gegenteil passiert.

Das Klinikum bietet inzwischen mehr Arbeitsplätze als zu städtischen Zeiten.

HELIOS entschied sich dafür, den alten Klinikbau abzureißen. Fünf Jahre lang wurde der Neubau errichtet. Über 200 Millionen Euro investierte HELIOS in die Modernisierung. „Wir haben einen wunderschönen Neubau bekommen, die Arbeitsbedingungen sind extrem positiv, und unsere Patienten und Mitarbeiter fühlen sich wohl“, zeigt sich Gillmann zufrieden. Das Klinikum bietet inzwischen mehr Arbeitsplätze als zu städtischen Zeiten. Damals stand das Krankenhaus kurz vor der Insolvenz. Nur noch für ein Vierteljahr reichten die vorhandenen Mittel, um die Gehälter zu bezahlen.

„Es gab hier in der Stadt Bürger, die Zettel in der Tasche hatten: Wenn mir was passiert, auf keinen Falls ins Klinkum Krefeld, egal wohin, nur nicht dorthin“, berichtet Reiner Micholka, Klinikgeschäftsführer des HELIOS Klinikums Krefeld, über die Zeit vor der Privatisierung. Der Ruf des Klinikums hat sich inzwischen dramatisch verbessert – auch unter den Mitarbeitern. „Vor der Übernahme kannte ich die Geschäftsführung überhaupt nicht. Sie war nicht auf der Station präsent, hat sich nichts angeschaut. Und jetzt steht plötzlich ein Geschäftsführer vor einem und möchte irgendetwas sehen und gezeigt bekommen. Ich bin dann ganz überrascht, aber sie kennen einen tatsächlich auch mit Namen“, freut sich Gillmann über die Veränderung. „Außerdem macht es Spaß, in einem Unternehmen zu arbeiten, das nicht defizitär ist und nicht bald schließt, sondern das Kapital erwirtschaftet.“ Auch Gregor Kathstede, Oberbürgermeister der Stadt Krefeld, bewertet die Privatisierung sehr positiv: „Für mich war klar, dass ich das in Krefeld durchboxen muss. Es hat viel Kraft gekostet und auch ein bisschen Zeit – aber es war die richtige Entscheidung.“ 

Ein Krankenhaus wird wieder gesund

Nach der Übernahme durch Fresenius Helios ist das zuvor hoch defizitäre Klinikum Krefeld wieder auf Wachstumskurs.

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Im Umkleideraum ist es voll. Leises Gewusel. Sechs Frauen schlüpfen in die blaue Berufskleidung der ITS (Intensivstation). 6.30 Uhr: Schichtwechsel. Die Nacht war ruhig, die Übergabe zwischen Nacht- und Frühdienst ist kurz, viel geredet wird nicht.

(Veröffentlicht: März 2015)

Stationsleiterin Mandy Stockmann teilt die Kollegen ein. „Wenn möglich, wird immer ein Küken mit einem alten Hasen in einen Bereich eingeteilt“, sagt sie. Mit 26 bekam Stockmann die Leitung über mittlerweile 67 Kollegen.

Das Team der ITS versorgt schwerstkranke Patienten. Viele haben einen größeren operativen Eingriff hinter sich, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten oder sind an einer schweren Lungenentzündung erkrankt. Aber auch nach einem Unfall mit Schädel-Hirn-Trauma oder inneren Verletzungen werden Patienten hier aufgenommen.

„Jeder wird bei uns so behandelt, als wäre es der eigene Vater oder die eigene Mutter.“

Mandy Stockmann eilt Richtung „down town“. So bezeichnen die Mitarbeiter den Gang, der den Ost- und Westteil der Station miteinander verbindet. Hier beginnt die Morgenvisite: Schwestern, Chef-, Ober- und Assistenzärzte unterschiedlicher Fachrichtungen setzen sich mit der Stationsleiterin in Bewegung. Stimmengewirr und Monitorgeräusche treten in Konkurrenz. Die Patienten liegen inmitten von vielen technischen Geräten, an Schläuchen und Maschinen angeschlossen und sind oft kaum ansprechbar. Deshalb legen alle Mitarbeiter großen Wert auf einen liebevollen Umgang mit ihnen. „Jeder wird bei uns so behandelt, als wäre es der eigene Vater oder die eigene Mutter“, sagt Dr. Uli-Rüdiger Jahn, Leiter des Bereiches Intensivmedizin.

„Wie war die Nacht? Haben Sie Schmerzen?“, Dr. Jahn wendet sich einem Patienten zu. Seine Stimme wird augenblicklich weich. Bei der Visite ist der Oberarzt hochkonzentriert – und erwartet das auch von allen seinen Mitarbeitern. „Das ist die wichtigste Zeit des Tages“, sagt er. „Nur jetzt kommen die verschiedenen Fachärzte als interdisziplinäres Team zusammen. Alle müssen konzentriert zuhören – und wenn jemand was zu sagen hat, dann laut.

Mittags ruft Oberarzt Jahn zur Röntgenbesprechung in sein Zimmer. Angespannt blicken die Kollegen auf den Monitor mit den Röntgenaufnahmen. Währenddessen geht der Betrieb auf der Station wie gewohnt weiter: Regelmäßig prüft das Team der ITS Vitalparameter wie Puls, Blutdruck oder Sauerstoffsättigung der Patienten und kontrolliert deren Medikation. Auch besondere Untersuchungen wie Ultraschall vom Herzen und verschiedene Maßnahmen zur Kreislaufunterstützung gehören zu den Routinetätigkeiten des Intensivteams.

Bei der Röntgenbesprechung: Oberarzt Dr. Uli-Rüdiger Jahn (links) und sein Team.

„Interdisziplinäre Zusammenarbeit bekommt auf der ITS noch mal einen ganz anderen Stellenwert“, erklärt Dr. Stefan Wirtz, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie. „Medizin lässt sich nur dann gut machen, wenn man in kollegialer Freundschaft zusammengewachsen ist. Das gilt sowohl für die Ärzte als auch für die Pflegekräfte.“ Er weiß, dass Mandy Stockmann und ihr Team in vorderster Reihe stehen. Sie haben die meiste Erfahrung mit den Patienten, begleiten sie Tag und Nacht – und erkennen auch kleine Veränderungen.

17 Uhr. Für Mandy Stockmann geht ein langer Tag zu Ende. Wie schafft sie es, jetzt abzuschalten? „Wichtig ist, symbolisch die privaten Sorgen bei Dienstbeginn mit der Kleidung auszuziehen, in den Spind zu hängen und die Probleme und die menschlichen Schicksale auf der Station zum Feierabend sozusagen mit der Berufskleidung abzulegen.“ Außerdem liest sie viel: „Tauche ich in ein Buch ein, bin ich weg. Und ich sehne mich nach Ruhe, deshalb schalte ich für eine Stunde das Telefon aus, wenn ich nach Hause komme.“ 

Auf der Intensivstation ist das kontinuierliche Überwachen der Vitalzeichen von Patienten besonders wichtig.

22 Uhr. Übergabe. Pfleger Uwe Bogner ist in dieser Nacht Schichtleiter. Sein Telefon schellt: Er muss mal eben schnell auf der Nachbarstation aushelfen. Ein 150 Kilogramm schwerer Mann ist aus dem Bett gefallen – da brauchen die Nachtschwestern einen starken Mann. Nachts halb eins: Bisher verläuft die Schicht ruhig. Die sechs Kollegen vom Nachtdienst füllen Medikamentenschränke auf, bestücken Wagen für den Wäschewechsel oder Verbände, wechseln Katheter und schieben Geräte zurück an ihren Platz. Die Bewegung im grellen Flurlicht hält wach. Der diensthabende Arzt muss zu einem Patienten, der besonders unruhig ist, denn nachts, das wissen alle, kommen auch die Ängste.

Kurz vor halb zwei: Eine geplante Notfalloperation wird abgesagt, der Patient ist inoperabel. Die vorbereiteten Geräte werden wieder weggeräumt. Um halb vier beginnt der Endspurt für die Nachtschicht. Bogner steht am Bett eines Patienten. Damit dieser ungestört atmen kann, muss der Pfleger ihm Schleim aus dem Rachen absaugen. Der Patient ist sediert und Bogner weiß, dass er nicht antworten kann. Dennoch nimmt er sich die Zeit, um ihn anzusprechen: „Hallo Herr K., bitte erschrecken Sie nicht, ich sauge Ihnen jetzt den Schleim aus dem Rachen und dann wechseln wir Ihre Bettwäsche.“

6.30 Uhr. Drei Türen weiter sind bereits die Kollegen der Frühschicht im Umkleideraum angekommen und schlüpfen in ihre blaue ITS-Garderobe.

 

Im Rahmen der Personalentwicklung ist Dr. Uli-Rüdiger Jahn als Chefarzt Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin, Schmerztherapie an das HELIOS Klinikum Uelzen gewechselt. Die Klinik für Intensivmedizin und die Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie sind inzwischen jeweils eigenständige Fachabteilungen im HELIOS Klinikum Bad Saarow, Dr. Stefan Wirtz ist Chefarzt und Ali Allam Leitender Oberarzt der Klinik für Intensivmedizin.

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