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"Immuntherapien: Bessere Heilungschancen und mehr Lebensqualität"

Lesen Sie in unserem Interview, woran Dr. Anna Ossami Saidy, Ärztin in Ausbildung am Helios Klinikum Berlin-Buch, derzeit forscht.

"Wir konnten unsere Arbeit bereits auf mehreren Kongressen in Europa und auch in den USA vorstellen, etwa auf dem Jahrestreffen der American Society of Hematology."

Mediziner am Helios Klinikum in Berlin-Buch setzen im Fachbereich Hämatologie und Zelltherapie schon seit langem die CAR-T-Zelltherapie ein – eine der innovativsten und wirksamsten Krebstherapien, die es zurzeit gibt. Erfahren Sie in unserem Interview, woran Dr. Anna Ossami Saidy, Ärztin in Weiterbildung in diesem Fachbereich, gerade forscht – und wie ihre Arbeit die Therapie und Heilungschancen von Krebspatienten und Krebspatientinnen verbessern kann.

Frau Dr. Ossami Saidy, Sie sind derzeit Ärztin in Weiterbildung in Berlin Buch. Bitte beschreiben Sie für unsere Leser, was genau Ihre Aufgaben hier sind. 

Dr. Ossami Saidy: Zum einen arbeite ich als Assistenzärztin auf der Station in der unmittelbaren Betreuung unserer stationären Patienten. Wir behandeln Patienten, die eine Chemo- oder Immuntherapie erhalten. Aber auch Kranke, die eine Stammzelltransplantation oder eine sogenannte CAR-T-Zelltherapie benötigen, werden bei uns auf der Station therapiert. Die CAR-T-Zelltherapie ist ein hochinnovatives Verfahren, bei dem wir dem Patienten zunächst T-Immunzellen aus dem Blut entnehmen. Diese werden dann mittels viraler Vektoren genetisch verändert und so in die Lage versetzt, durch neue Antigenrezeptoren Tumorzellen zu erkennen. Die so veränderten T-Zellen werden dem Patienten dann wieder ins Blut zurückinfundiert und können dort die malignen Zellen direkt beseitigen. Dieses Verfahren hat die Therapielandschaft bei einigen Erkrankungen stark verändert und bereichert. 

Neben der direkten Arbeit am Patienten leite ich zum anderen unsere Studienzentrale. Ich bin hier z.B. für organisatorische Aspekte der klinischen Studien zuständig, die an unserem Zentrum angeboten werden. In einigen dieser Studien habe ich die Rolle der Hauptprüferin und bin dann auch für die praktische Durchführung der Studie in unserer Abteilung verantwortlich. 

Inwiefern wurde durch die CAR-T-Zelltherapie die Therapielandschaft heute schon bereichert, wie Sie sagen?

Dr. Ossami Saidy: Zum Beispiel beim sogenannten diffus großzelligen B-Zell-Lymphom. Bei diesem aggressiven Lymphom werden die CAR T-Zellen seit einiger Zeit regelhaft als Standardtherapie eingesetzt, wenn es beim Patienten nach der initialen Behandlung zu einem Rückfall der Erkrankung kommt. Die Patienten haben mit dieser Therapie eine deutlich bessere Chance, trotz des Rückfalls von der Erkrankung befreit zu werden, verglichen mit den Therapieoptionen, die uns früher zur Verfügung standen. Auch bei anderen Lymphomen und beim Multiplen Myelom werden CAR T-Zellen mit guten Resultaten bei Patienten mit Erkrankungsrückfällen eingesetzt.

An welcher wissenschaftlichen Fragestellung arbeiten Sie gerade persönlich? 

Dr. Ossami Saidy: Mich beschäftigt derzeit die Frage, ob wir mit besagter CAR T-Zelltherapie auch einer sehr speziellen Patientenpopulation helfen können. Nämlich denjenigen Patienten, bei denen ein Befall des zentralen Nervensystems (ZNS) durch ein Lymphom diagnostiziert wurde. Diese Patienten wurden aus den meisten klinischen CAR-T-Zell-Studien ausgeschlossen, so dass wir keine prospektiven Daten dazu haben, ob diese Therapieoption bei ihnen überhaupt wirksam ist. Es wäre aber eine extrem positive Nachricht für die Patienten mit solchen ZNS-Lymphomen, wenn man die CAR-T-Zelltherapie auch bei ihnen erfolgreich anwenden könnte. Denn die Betroffenen haben häufig eine sehr schlechte Prognose. 

Um der Frage nachzugehen, haben wir in der Lymphom-Arbeitsgruppe der Europäischen Stammzelltransplantationsgesellschaft, abgekürzt EBMT, und in Zusammenarbeit mit der „GoCART Coalition“ Daten aus dem großen Register der EBMT zu genau solchen Patienten ausgewertet, die mit CAR-T-Zellen behandelt wurden. Unsere Analyse hat ergeben, dass die Ergebnisse bei Patienten mit ZNS-Lymphom vergleichbar sind mit den Ergebnissen von Patienten ohne ZNS-Infiltration – und dass sich auch die Nebenwirkungen in einem ähnlichen Rahmen bewegen. Entsprechend plädieren wir dafür, auch solche Patienten, bei denen das zentrale Nervensystem durch ein Lymphom befallen ist, mit CAR T-Zellen zu behandeln. An unserem Zentrum führen wir das auch so bereits durch. 

"Ich gehe fest davon aus, dass wir uns immer weiter von der klassischen Chemotherapie wegbewegen werden und die Rolle der Immuntherapien, bspw. mit Antikörpertherapien und Zelltherapien, weiter zunehmen wird."

Und wofür genau haben Sie den ersten Preis der wissenschaftlichen Postersession beim klinischen Kongress von Helios erhalten?

Dr. Ossami Saidy: Für diese retrospektive Datenanalyse von Patienten mit ZNS-Lymphom, die mit CAR-T-Zellen behandelt wurden.

Fresenius hat sich auf die Fahnen geschrieben, Menschen mit innovativsten Behandlungsmethoden zu therapieren. Inwiefern trägt genau Ihre Forschungsarbeit am Fachbereich Hämatologie und Zelltherapie dazu bei, Patienten mittels der CAR-T-Therapie künftig noch besser zu helfen?

Dr. Ossami Saidy: Wir konnten unsere Arbeit bereits auf mehreren Kongressen in Europa und auch in den USA vorstellen, etwa auf dem Jahrestreffen der American Society of Hematology. Dadurch erhoffen wir uns, dass wir auch über nationale Grenzen hinaus auf eines aufmerksam machen können: Dass für diese Patientengruppe, für die ein hoher Bedarf an neuen Therapieoptionen besteht, die CAR-T-Zelltherapie eine hoffnungsträchtige Option sein könnte. Es wäre toll, wenn wir mit unserer Analyse die Grundlage schaffen könnten, dass auch Patienten mit ZNS-Lymphom Zugang zur CAR-T-Zelltherapie erhalten und bestehende Hürden abgebaut werden. 

Wenn Sie sich die Arbeit auf Ihrer Station in fünf Jahren vorstellen: Wie werden Medizinerinnen und Mediziner dann die Klasse der besonders schwer heilbaren Krebserkrankungen therapieren?

Dr. Ossami Saidy: Ich gehe fest davon aus, dass wir uns immer weiter von der klassischen Chemotherapie wegbewegen werden und die Rolle der Immuntherapien, bspw. mit Antikörpertherapien und Zelltherapien, weiter zunehmen wird. Das geht dann hoffentlich mit immer besseren Aussichten auf Heilung für die Patienten einher – und mit weniger Nebenwirkungen und so einer Verbesserung der Lebensqualität.