Hygiene im Krankenhaus: essenziell für das Überleben der Patienten! Der Aufwand, den Kliniken dafür betreiben: enorm! Und trotzdem kommt es immer wieder zu Vorfällen, bei denen sich Infektionen auf einer Station oder bei einzelnen Patienten ausbreiten. Krankenhauskeime bleiben ein Dauerthema in der Kliniklandschaft.
(Veröffentlicht: Juli 2017)
Auch das HELIOS Klinikum Duisburg (HKD) wurde 2013 von einer Infektionswelle durch multiresistente Erreger heimgesucht. Beim Hygienemanagement wurden Fehler gemacht, das Krankenhaus erlebte eine Krise. Doch die Krankenhausleitung zieht Konsequenzen, krempelt das Hygienemanagement um – und heute steht das HELIOS Klinikum Duisburg in Sachen Hygiene besser da als je zuvor.
Es ist Samstag, der 17. August 2013, ein makelloser Sommertag – über dem HELIOS Klinikum Duisburg aber bricht ein Unwetter herein. Die Medien schlagen „Keim-Alarm im Krankenhaus“, eine Zeitung deckt „sprunghaft ansteigende Infektionszahlen bei MRSA“ auf. Immer mehr Details kommen ans Licht. Bald darauf entziehen viele Patienten dem Klinikum das Vertrauen. Die Angst, sich während eines Klinikaufenthalts zu infizieren, ist groß. Die Fallzahlen sinken – genau wie die Motivation der Mitarbeiter.
Offene und regelmäßige Kommunikation der Verantwortlichen ist Teil des Erfolgsrezepts.
Heute zählt das HKD bei der Infektionsprävention zu den besten Kliniken in der HELIOS Kliniken Gruppe, wie die regelmäßig veröffentlichten Hygiene-Berichte zeigen. Für Dr. Holger Raphael, seit Mitte 2013 Duisburger Klinikgeschäftsführer, ein Grund zur Freude, aber nicht zum Ausruhen: „Wir haben damals die Wende geschafft. Doch Infektionsprävention ist eine unendliche Geschichte, vor allem angesichts weltweit zunehmender Antibiotikaresistenzen. Unsere erste Priorität heute ist daher nach wie vor, das Thema weiterhin in den Köpfen präsent zu halten.“
Aufgezogen waren die dunklen Wolken lange bevor der Maximalversorger Ende 2011 zur HELIOS Kliniken Gruppe kam. Erhöhte Infektionszahlen entstehen auch nicht über Nacht. Sie sind meist die Folge ineffizienter Strukturen, mangelnder medizinischer Qualität oder fehlender Kenntnisse der Belegschaft. Im Duisburger Fall kamen unter anderem die über die ganze Stadt verteilten Standorte erschwerend hinzu, da sie täglich unzählige Transporte erforderten und den Informationsfluss erschwerten. „Es gab lange Zeit aber auch viel Unsicherheit im Umgang mit multiresistenten Erregern. Wir hatten kaum einheitliche Regelungen, viele Abteilungen etablierten über die Zeit ihre eigenen Abläufe“, erinnert sich Ankica Gagro, heute Stationsleitung der Kardiologie, an die Zeiten vor HELIOS. So konnte es damals passieren, dass sich die Vorgaben für Patienten während des Aufenthalts von Station zu Station veränderten – trotz gleicher Bedingungen und Erreger. Vielen Kollegen fehlten die Möglichkeit zur offenen Kommunikation und der Zugang zu Informationen.
Noch bevor die Integration des HKD in die HELIOS Kliniken Gruppe abgeschlossen ist und Verbesserungen im Hygienemanagement richtig greifen, kommt es 2013 so zum „Keim-Skandal“. Das Tempo für Veränderungen in den betroffenen Bereichen wird daraufhin nochmals erhöht. Klinikleitung und die neue Krankenhaushygienikerin Dr. Natalie Pausner analysieren und priorisieren die Probleme und schieben auch bereits etablierte Verfahren wieder neu an: „Wir haben alle Mitarbeiter der patientennahen Bereiche sofort in die Bestandsaufnahme einbezogen und unsere Hygienerichtlinien verbessert. Die Mitarbeiter wurden daraufhin intensiv geschult. Zudem gehörte von diesem Zeitpunkt an die Desinfektionsmittelflasche fest in die Kitteltasche aller Ärzte und Pflegekräfte“, so Dr. Markus Schmitz, seit Anfang 2013 Chefarzt der Anästhesie und Ärztlicher Direktor. Akute Probleme werden schnell erkannt und behoben, etwa zu hoher Antibiotikaverbrauch, der Keimresistenzen begünstigen kann. Zudem wird die Befundung im Labor beschleunigt.
„Im gleichen Jahr haben wir auch begonnen, die Antibiotikavisiten auf alle Bereiche auszudehnen und alle Patienten schon bei der Aufnahme auf MRSA zu screenen“, so Dr. Schmitz. Hinzu kommt die Einführung einer wöchentlichen Konferenz, in der jeder Todesfall im Haus mit allen medizinisch Beteiligten besprochen wird. Daraus können die Mediziner ableiten, wie vergleichbare Fälle künftig besser behandelt werden sollten.
Offene und regelmäßige Kommunikation der Verantwortlichen ist Teil des Erfolgsrezepts. Dr. Pausner und Dr. Schmitz treffen sich alle vier Wochen zum Austausch. In monatlichen „Reportings“ informieren sie zudem die Klinikleitung und Chefärzte über die aktuelle Infektionsdatenlage im Haus. Auch die Einführung kurzärmeliger Dienstkleidung der Ärzte 2015, die die Weitergabe von Keimen vermeiden hilft, geht auf ihre Initiative zurück.
Das HKD unternimmt viele weitere Maßnahmen, um die Hygiene stetig zu verbessern. Das Haus beteiligt sich etwa an verschiedenen Datenerhebungen des Nationalen Referenzzentrums und führt eine eigene konsequente Datenbankpflege in Sachen Erreger durch. So können die Verantwortlichen noch besser Ansatzpunkte für weitere effektive Hygienemaßnahmen erkennen. Parallel setzen die Stationen Desinfektionsmittel immer konsequenter und gezielter ein. Es gibt einheitliche Produktpaletten für die Befreiung eines Patienten von Erregern, keimreduzierendes, antiseptisches Waschen, hygienebeauftrage Ärzte und Pflegekräfte in jeder Fachabteilung sowie eine Online-Fortbildung zur Basishygiene. „Darüber hinaus kennzeichnen wir Patienten mit multiresistenten Erregern besser sichtbar in der elektronischen Patientenakte wie auch direkt am Bett“, so Dr. Pausner.
Nicht zuletzt informieren die Medizinerin und ihr Team die Mitarbeiter regelmäßig via Intranet und sind bei akuten Fällen sofort zur Stelle. Die Mitarbeiter nutzen diese Informationen intensiv, geben sie weiter – und halten so das Thema aktuell. Vor allem Letzteres ist, so vermutet Klinikgeschäftsführer Dr. Holger Raphael, auch eine langfristig positive Folge der Ereignisse von 2013.
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